Schmeiß deine Ideenliste weg 🗒️ 🗑️


Hallo Innovator! 🚀

Elon Musks​ Start-up Neuralink hat erstmalig einen drahtlosen Computerchip in das Gehirn eines Menschen eingesetzt. Das Video davon, wie der querschnittsgelähmte Mann per „Gedankenübertragung“ Schach spielt, hat mich sehr berührt – auch wenn das Video kaum etwas zur Zuverlässigkeit der Technologie verrät.

Wie sieht eine Welt aus, in der so eine Technologie Alltag geworden ist, auch für gesunde Menschen? Dieser Frage gehe ich in meiner neusten Kurzgeschichte nach. Wenn du die Geschichte lesen und mir Feedback geben möchtest, antworte mir einfach auf diese E-Mail. Ich freue mich immer über Testleser 🙏

Und nun viel Spaß mit der 110. Ausgabe von „Tech is Good“!

Trends 🚀

Auch Akademiker: Mit KI im Rücken ersetzt die Digitalisierung jetzt auch Aufgaben und Berufe, die bislang als „sicher“ galten: Manager, Naturwissenschaftler, IT-Fachkräfte. → FAZ​

Auch Autos: Innerhalb von 24 Stunden hat Xiaomi für sein erstes E-Auto 90.000 Vorbestellungen eingesammelt. Die chinesische Autoindustrie hat große Ambitionen – allein Xiaomi hat 10 Mrd. USD investiert – und es spricht einiges dafür, dass sie so groß wird wie die japanische in den 80ern. → Auto Motor Sport​

Auch Bücher: Der für KI-Modelle brauchbare Teil des Internets ist erschöpft. Die Firmen dahinter flüchten sich in halbillegale Strategien (OpenAI hat ungefragt 1 Million YouTube-Minuten analysiert) oder die wenigen, noch unerschlossenen Quellen. Meta erwog zwischenzeitlich, einen erfolgreichen Buchverlag zu kaufen! Wir brauchen einen Datenmarkt. → New York Times​

Ethik & Regulierung 🤔

KI-Songs: KI-generierte Songs sind auf dem Vormarsch, jetzt gibt es einen ersten Hit. Der Upload des Songs – geklaute Lyrics mit neuer Musik – dürfte hochgradig illegal sein, aber das Stück wird in den sozialen Medien gefeiert und vielfach geteilt. → RND​

Deepfake: Eine technische Lösung für Deepfakes ist nicht in Sicht. Manche argumentieren nun: macht nix. Deepfakes sind trotz ethischer Bedenken nicht so verbreitet, wie viele denken, und ob Menschen an Täuschungen glauben, hängt nicht davon ab, ob die Fälschungen überzeugend sind. → Donald Clark | FAZ​

Strategie ⛰️

Open Source: Auch für Nicht-Techies verständliche Aufarbeitung des xz-Hacks, der zur wohl mächtigsten Hintertür aller Zeiten geführt hätte – wäre er nicht über Ostern entdeckt worden. Nebenbei lernt man viel darüber, wie Open Source funktioniert. → DNIP​

Unternehmertum: Die Stripe-Gründer erklären, was ein Unternehmen erfolgreich macht. Inspirierend! → YouTube​

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Archiv: Hypes nerven, aber sie sind wichtig

Im Fahrwasser eines Hypes wimmelt es von selbsternannten Experten, naiven Prognosen und ganz viel Aktionismus. Aber: solche Hypes sind notwendig, um eine Technologie in Schwung zu bringen

🎧 Anhören | Lesen​

»Alles, was bereits auf der Welt ist, wenn man geboren wird, ist ganz normal; alles, was bis zum 30. Lebensjahr erfunden wird, ist unglaublich aufregend und kreativ und mit etwas Glück kann man daraus eine Karriere machen; alles, was nach dem 30. Lebensjahr erfunden wird, ist gegen die natürliche Ordnung der Dinge und der Anfang vom Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen.«

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– Douglas Adams

KOLUMNE

Wie dein Unternehmen wirklich innovativer wird (nicht durch neue Ideen)

Eigentlich müsste der „Innovationsdruck“ in deutschen Unternehmen so groß wie nie sein. Die durchschnittliche Lebensdauer einer Firma sinkt von Jahr zu Jahr, etablierte Unternehmen gehen insolvent, gleichzeitig fühlen sich Geschäftsführer bei Trends wie KI gnadenlos abgehängt.

Und doch höre ich unter meinen Newsletter-Abonnenten eine Rückmeldung besonders häufig: „Ich bin gefühlt der einzige, der Innovation vorantreiben möchte.“ Geht es dir ähnlich? Und das vielleicht sogar, obwohl dein Unternehmen in innovative Projekte und neue Arbeitsweisen investiert?

Der Mythos von der „guten Idee“

Unternehmen, die sich Innovation ins Jahresmotto geschrieben haben, starten häufig mit der Suche nach der „richtigen Idee“. Sie veranstalten Design-Thinking-Workshops und Hackathons, füllen Wände um Wände mit Stickies. Dahinter steckt die Annahme, dass Innovation auf genialen Ideen basiert. Ideen, die wie aus der Zukunft zu uns gereist kommen und mit einem Schlag alles infrage stellen.

Die Praxis sieht etwas anders aus. Erfolgreiche Innovatoren schauen sich das an, was funktioniert – und gehen genau einen Schritt weiter.

Das klingt natürlich nicht besonders spannend. Eine aktuelle Studie lamentiert zum Beispiel, dass der Anteil bahnbrechender Erkenntnisse in der Wissenschaft immer mehr sinkt, zugunsten von Entdeckungen, die Bestehendes nur konsolidieren. Aber was gehört zu diesen scheinbar „langweiligen“ Durchbrüchen? Laut der Studie zum Beispiel die Entwicklung wirksamer Corona-Impfstoffe! Offensichtlich muss wirksame Innovation nicht immer auf neuen Ideen basieren.

Der Autor Steven Johnson empfiehlt: „Innovative Umgebungen unterstützen ihre Bewohner darin, das Nächstmögliche zu erkunden.“ Wie kann man so eine Umgebung schaffen?

1) Genau untersuchen, was funktioniert

Dank der Digitalisierung können wir alles Mögliche mit Daten validieren – ein Luxus, der dazu geführt hat, dass wir die Macht einzelner Geschichten unterschätzen. Daten können uns bestimmte Fragen beantworten, aber Anekdoten werfen die Fragen auf, die man überhaupt stellen sollte.

Beispiele fĂĽr solche Anekdoten:

  • ĂĽberraschende Reaktionen von Kunden
  • Projekte, die unerwartet erfolgreich sind
  • Berichte von „seltsamen“ Nischen unter eurer Kundschaft

Anekdoten und Geschichten sollte man nicht vorschnell als „nicht repräsentativ“ abtun. Selbstverständlich sind sie nicht repräsentativ. Doch wenn man genauer hinschaut – also Daten erhebt – können sie der Startpunkt für sehr innovative Projekte sein.

Und dann sind da noch die Workarounds, denen wir täglich begegnen. Workarounds sind der Beweis dafür, dass ein echtes Problem existiert – sonst würde sich niemand die Mühe machen, es zu umgehen. Jedes Unternehmen wird von diesen Trends betroffen sein – ja, auch deines – und die Frage ist nur, in welcher Form. Neben diesen großen Veränderungen gibt es solche, die speziell für dein Unternehmen relevant sind:

2) Dinge ausprobieren

Der Kern der Arbeitskultur von Spotify lautet: „Menschen sind von Natur aus Innovatoren. Steh ihnen nicht im Weg und lass sie Dinge ausprobieren.“

Vielleicht wendest du ein, dass so ein Statement für die Mitarbeiter von Spotify gelten mag, allerdings nur für wenige deiner Bürokollegen. Aber ist das wirklich so? Oder liegt es vielleicht an dem, was die Unternehmensberaterin Aino Bender-Minegishi zu unserer Arbeitswelt notiert: „Wir unterscheiden zwischen Ausführen (operative Tätigkeiten) und Gestalten (Verbessern eines Zustandes), wobei wir Letzteres nur einer bestimmten Gruppe zuzutrauen scheinen. [Die Mitarbeiter] leben ihre Kreativität nach Feierabend aus, beim »Häuslebauen« oder im Verein.” In Japan gilt solch ein ungenutztes Mitarbeiterpotential als eine der großen Verschwendungsarten und es ist die Aufgabe von Führungskräften, diese Verschwendung zu vermeiden.

Nun schafft man eine Kultur des Experimentierens nicht, indem man sie einfach ausruft – vor allen Dingen, wenn dein Unternehmen bis jetzt so tickte, wie Bender-Minegishi es beschrieb. Die Flucht nach vorne kann sein, der Belegschaft ganz offiziell den Auftrag zu erteilen, eine bestimmte Technologie oder ein neues Werkzeug zu nutzen. Wofür nutzen? Das sollen die Mitarbeiter selbst herauskriegen!

Das klingt im ersten Moment nach einer Montessori-Übung, ist aber der typische Weg, wie Innovation entsteht: von der Lösung zum Problem. Erst wird eine Technologie erfunden oder neu zusammengesteckt, anschließend die passenden Probleme gesucht. Es fördert also innovative Ideen, wenn man sich neuen Technologien vorbehaltlos und neugierig nähert – und sie einfach mal ausprobiert.

Im Moment wäre es beispielsweise mehr als angezeigt, wenn eine Geschäftsführung alle Mitarbeiter explizit ermutigt, ein KI-Tool wie ChatGPT auszuprobieren. Stattdessen wissen 40 % der deutschen Geschäftsführer nicht, ob ChatGPT in ihrem Unternehmen genutzt wird.

3) Veränderungen im Blick behalten

Das „Nächstmögliche“ ist nicht statisch, es verändert sich ständig. Ein großer Treiber dieser Veränderung sind Makrotrends, die so offensichtlich sind, dass wir sie gar nicht mehr als solche wahrnehmen. Für die nächsten Jahrzehnte sind es vor allem zwei:

  1. die Klimakrise
  2. die zunehmende Automatisierung
  • Technologien, die neuerdings fĂĽr die Breite verfĂĽgbar sind
  • Zielgruppen, die wachsen
  • Gesetze, die die Ausgangslage verändern

Oft ist es die Mischung aus diesen drei Faktoren (Verfügbarkeit, Markt, Regulierung), die eine Innovation ermöglicht.

Diese Trends einfach nur zu sehen, reicht natürlich nicht aus. Kodak, das Textbuch-Beispiel für Disruption, hat die digitale Fotografie nicht verpasst, wie so oft behauptet wird. Kodak hat die Digitalkamera erfunden. Später hat Kodak eine mobile Fotosharing-Plattform gegründet, zu einem Zeitpunkt, als die Instagram-Gründer noch in den Kindergarten gingen. Das Unternehmen hat keine Trends verpasst, sondern versäumt, den nächstmöglichen Schritt zu gehen.

Der nächste Schritt

Innovation ist ein großes Wort. Die meisten verbinden es mit bahnbrechenden, neuen Ideen, die möglichst alles infrage stellen – und ja, so eine Art von Innovation gibt es. Es ist aber beileibe nicht die einzige, die ein Unternehmen verfolgen sollte. Und man erreicht sie weder durch Willenskraft noch durch einen Blumenstrauß hipper Arbeitsweisen. Innovation entsteht dort, wo Mitarbeiter den nächstmöglichen Schritt gehen können. Was ist der nächste Schritt für dein Unternehmen?

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Marcel Mellor

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