💡 Warum du ein digitales GedĂ€chtnis brauchst


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Hallo Innovator! 🚀

„Wie hast du das denn jetzt so schnell gefunden?!“ 😳 Diese Frage bekomme ich auf der Arbeit hĂ€ufiger gestellt. Die Antwort ist ein gut sortierter, digitaler Werkzeugkasten – und bis zu meinem heutigen Set-up war es ein langer Weg. In der praxisnahen Kolumne ganz unten erklĂ€re ich dir, wie auch du zu einem digitalen GedĂ€chtnis kommst und warum es so wichtig ist.

Viel Spaß mit der 102. Ausgabe von „Tech is Good“!

Trends 🚀

  • Rezepte sind digital, teilweise: Die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen lĂ€uft schleppend, aber sie lĂ€uft. Immerhin die HĂ€lfte der Rezepte werden digital ausgestellt. Auch schön: Das Angebot an Apps und Software auf Rezept wĂ€chst stark. → Handelsblatt​
  • Apple Car kommt nicht: Apple verabschiedet sich von der Vision eines komplett selbstfahrenden Autos und verschiebt den Start auf 2028. Ich glaube, dass Autos jĂ€hrlich autonomer werden, bis wir eines Morgens aufwachen und das selbstfahrende Auto da ist. → Bloomberg​
  • KI wird faul: ChatGPT gibt messbar kĂŒrzere Antworten, wenn der Nutzer die Anfrage im Dezember stellt (das Datum wird automatisch mitgeliefert). OpenAI vermutet, dass sich eine „WintermĂŒdigkeit“ in den Trainingsdaten auf ChatGPT ĂŒbertragen hat. Wir mĂŒssen tatsĂ€chlich verlernen, wie Computer funktionieren. → Ars Technica​

Work

  • Omnifocus: Omnifocus, seit fĂŒnfzehn Jahren meine To-Do-App der Wahl, ist in der Version 4 erscheinen und vereinheitlicht die App ĂŒber alle GerĂ€te. Immer noch sehr empfehlenswert! → OmniGroup​
  • Home-Office: Eine Auswertung von 43 Branchen zeigt, dass die ProduktivitĂ€t wĂ€hrend Corona weder gesunken noch gestiegen ist. Das heißt nun was? Vielleicht, dass wir endlich auf eine andere Metrik als ProduktivitĂ€t schauen mĂŒssten (die stagniert nĂ€mlich seit Jahren, egal was wir tun). → Bloomberg​

Digital Ethics

  • Contentschleuder KI: Google kĂ€mpft mit KI-generierten Inhalten in den Suchergebnissen und fördert ihn gleichzeitig durch autogenerierte Mails und Kommentare. Ok. → Google​
  • Brandbeschleuniger KI: Das Weltwirtschaftsforum hat die Top-Risiken fĂŒr 2024 definiert, auf Platz 2 bis 4 liegen: Falschinformationen durch KI, die Spaltung der Gesellschaft und steigende Lebenshaltungskosten. Willkommen im perfekte Sturm :/ → Visual Capitalist​

Business & Strategy

  • Mixpanel: 2009 fragten sich zwei Entwickler aus Arizona, wie man den Erfolg eines Produktes misst und verĂ€nderten damit, wie Webtracking funktioniert. David Ranftler und ich tauchen in die Geschichte und Strategie von Mixpanel ein. Apple Podcast | Spotify | RSS​
  • Produkteformel: Was macht Produkte unwiderstehlich? Diese hilfreiche „Formel“ zeigt, dass es nicht nur darum geht, was Produkte können → Createor Economy​

»Es gibt keine neuen Ideen. Es gibt nur neue Wege, sie spĂŒrbar zu machen – zu untersuchen, wie sich diese Ideen anfĂŒhlen, wenn sie gelebt werden.«

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– Audre Lorde

KOLUMNE

Wo solltest du dein Wissen abspeichern?

Wenn deine Arbeit darin besteht, fĂŒr Probleme eine Lösung zu entwerfen – und fĂŒr die meisten Wissensarbeiter ist das die Jobbeschreibung – dann ist eine digitale Ablage eines deiner wichtigsten Werkzeuge.

Nicht nur, um Dinge wiederzufinden. Ich beeindrucke zwar manchmal Kollegen damit, wenn ich ein jahrealtes Meeting-Protokoll in Sekunden parat habe, aber ein Computer ist mehr als ein „digitales GedĂ€chtnis“. Er hilft uns nicht nur dabei, Gedanken und Ideen wiederzufinden, sondern mit ihnen weiterzuarbeiten.

Bis ich an diese Stelle kam, war es ein langer Weg. Hier erklÀre ich dir, wie mein persönliches Set-up funktioniert.

»Wird es diese Software noch in 30 Jahren geben?«

Als ich vor 15 Jahren meine erste Notiz in Evernote ablegte, war dies ein magisches Erlebnis. Das Versprechen eines „Zweitgehirns“ war nicht neu, aber Evernote bot zum ersten Mal eine Lösung, die wirklich funktionierte – auf allen Plattformen, immer in Sync.

Seitdem sind unzĂ€hlige „Second-Brain“-Lösungen entstanden und wieder in der Versenkung verschwunden. Vom einstigen Star Evernote haben sich viele abgewandt, und das, obwohl die WechselhĂŒrde sehr hoch ist, wenn man Tausende von Notizen eingepflegt hat.

Der Niedergang von Evernote, verursacht durch steigende Preise und FehleranfĂ€lligkeit, fĂŒhrte bei mir zu zwei Erkenntnissen:

  1. Ein Tool, das alles sein möchte – von der Ablage fĂŒr die SteuerklĂ€rung bis zum Mindmap-Tool – kann nur scheitern.
  2. Software fĂŒr Dokumente und Ideen, mit denen man ein Leben lang arbeiten möchte, muss AnsprĂŒchen genĂŒgen, die wir sonst nicht an Software stellen.

Basierend auf dieser Erkenntnis habe ich mir ein Set-up aufgebaut, das auf zwei Unterscheidungen basiert:

  1. Dokumente ↔ Ideen
  2. FlĂŒchtig ↔ Langfristig

Dokumente versus Ideen

Dokumente sind Dateien, die ich wiederfinden, aber nicht bearbeiten will. Dazu gehören der Schriftverkehr mit Behörden, Rechnungen, Meeting-Protokolle, aber auch Artikel und BĂŒcher.

Ideen sind Dateien, mit denen ich denke. Der Computer ist dann Werkzeug, statt Ablage – ein „Bicycle for the Mind“. Die meisten solcher Denkwerkzeuge haben zwar auch eine Ablage, aber diese eignen sich nicht als Wissensdatenbank. Das weiß jeder, der einmal versucht hat, in Miro oder Apple Notes eine Datei zu finden.

FlĂŒchtig versus Langfristig

Bei Dateien, die ich in einem Jahr wahrscheinlich nicht mehr benötige, verwende ich keine Zeit darauf, die „perfekte“ App zu suchen. Stattdessen probiere ich stĂ€ndig neue Werkzeuge aus und nutze das, was ich gerade zur Hand habe. Von der Notiz-App auf dem Handy bis zu einer schnellen E-Mail an mich selbst.

Es gibt aber auch Dateien, auf die ich wahrscheinlich noch in 30 Jahren zugreifen möchte. In der landlĂ€ufigen Vorstellung ist „digital“ gleichbedeutend mit „ewig“. Digitale Dokumente wirken dauerhaft, weil wir sie beliebig hĂ€ufig kopieren können. Es kann aber trotzdem unmöglich werden, sie zu lesen. Und Dateien, die man nicht mehr wiederfindet, sind praktisch weg.

Langfristig verfĂŒgbare Dateien mĂŒssen deswegen drei AnsprĂŒche erfĂŒllen:

  1. ZugÀnglich sein
  2. Durchsuchbar sein
  3. Auf funktionierender Hardware laufen

Die Formatfrage ist die kritischste. Am sichersten fĂ€hrst du, wenn du Dateien in einem offenen Format speicherst, das du nicht nur in einem bestimmten Programm öffnen kannst. FĂŒr Dokumente ist das ganz klar PDF, fĂŒr Ideen reine Textdateien (.txt). Beide Formate sind seit Jahrzehnten in Gebrauch und werden es mit ziemlicher Sicherheit auch bleiben. Dies gilt eventuell auch fĂŒr proprietĂ€re, sehr verbreitete Formate wie z. B. Microsoft Word. Definitiv nicht dazu gehören hauseigene Dateitypen von Apps wie Evenote oder OneNote. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Daten schon in zehn Jahren nicht mehr öffnen lassen, ist hoch!

Durchsuchbarkeit heißt, dass du Dateien finden und miteinander verknĂŒpfen können. Die gĂ€ngigste Strategie hierfĂŒr ist es, Dateien in einem offenen Format in einer etablierten Notiz-App zu speichern. Sollte Evernote irgendwann aufhören zu existieren, kannst du die Notizen exportieren. Doch Vorsicht: Niemand garantiert, dass deine Notiz-App wirklich einen Export anbietet. Viele Evernote-Konkurrenten bieten einen Import an, aber eben keinen Export. Außerdem liefert dir ein Export nur die Rohdaten. Sonderfelder, VerknĂŒpfungen und Tags gehen höchstwahrscheinlich verloren.

Die zweite, sicherere Strategie ist es, Daten in einem normalen Ordner auf deinem Computer abzulegen und sie mit einem Programm zu indizieren. Das Programm legt sich wie Schicht ĂŒber deine Daten und verĂ€ndert nicht, wo und wie du sie gespeichert hast. DevonThink und Obsidian sind zwei Apps, die diesen Weg verfolgen (dazu unten mehr).

Und Hardware? Es versteht sich von selbst, dass deine Daten (auch) in der Cloud leben mĂŒssen. Punkt.

Mein Set-up

Die oben beschriebene Unterscheidung teilt meinen digitalen Werkzeugkasten in vier „Quadranten“ ein:

Inbox: Das sind Dokumente, die ich nur kurz benötige und hinter denen meist eine Aufgabe steckt. Zu Hause nutze ich dafĂŒr eine echte Inbox im Flur. Dokumente, die ich langfristig benötige, werden gescannt und landen in der Datenbank.

Datenbank: Ich speichere alle Arten von langfristigen Dokumenten als PDF und lege sie in einem einzigen, flachen Ordner („/Dokumente“) auf meinem Computer ab. DevonThink indiziert diese Dokumente, macht sie also durchsuchbar, ohne sie zu verschieben. Auch alle anderen Arten von Dateien (von Photoshop bis MS Word) kannst du dort ablegen. In DevonThink habe ich eine Reihe von Ordnern und Tags angelegt, und das Tool schlĂ€gt mir automatisch vor, wo ein Dokument abgelegt werden sollte. DevonThink ist nur fĂŒr Apple-GerĂ€te verfĂŒgbar, die beste Alternative ist Zotero, das allerdings einen Fokus auf den wissenschaftlichen Betrieb hat.

Denkwerkzeuge: Wenn ich „mit der Hand denke“, nutze ich dafĂŒr Miro oder Excalidraw. Beide Tools haben ihre Vorteile und es gibt unzĂ€hlige Alternativen, z. B. die nativen Notiz-Apps von Google und Apple. „Geistesblitze“ notiere ich auch schon mal in meiner To-do-App Omnifocus, um sie spĂ€ter feinzuschleifen.

Zettelkasten: Ideen und Gedanken, die ich behalten und mit weiteren Ideen verknĂŒpfen möchte, lege ich in Obsidian ab. Ähnlich wie DevonThink speichert Obsidian die Daten in einem offenen Format (.txt-Dateien, formatiert als Markdown) und in einem ausgewĂ€hlten Ordner auf dem Computer. Wenn du dich in das Konzept des Zettelkastens einlesen möchtest, bietet dir dieses Buch einen guten Einstieg.

Deine persönliche Digitalisierungsstrategie

„Wird diese Software noch in dreißig Jahren funktionieren?“ – diese Frage stellt man sich im Alltag sehr selten (außer man ist CTO eines DAX-Konzerns). Doch Digitalisierung bedeutet eben auch, dass wir manche Dateien noch in Jahrzehnten öffnen möchten. Alle Gedanken und Dokumente in einer einzigen, kommerziellen Software festzuhalten, ist deswegen keine empfehlenswerte Strategie – und es gibt Alternativen.

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Marcel Mellor

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